Wie können Kommunen mit Flutgefahren umgehen?
- Wie kann vorgegangen werden?
- Lokale Überflutung nach Starkniederschlag
- Hochwasser entlang von Flüssen
- Hochwasser-Check des StMUV, Fördermittel und weiteres
Für eine Kommune, die damit beginnt, sich dem Thema der Flutgefahren zu nähern, wird hier - also für die Region Bamberg - empfohlen, beim zuständigen Wasserwirtschaftsamt Kronach die Teilnahme der Kommune am kostenfreien Hochwasser-Check durch das Wasserwirtschaftsamt anzumelden. Von den dabei durchgesehenen "Schwachstellen" vor Ort in der Kommune aus, den dabei erhaltenen Hinweisen, lässt sich ein Vorgehen ableiten. Als weiterer Ansprechpartner für die Flur, der auf Bürgerpartizipation aufbaut und die Projektgestaltung für Maßnahmen des Wasser- und Feuchterückhalts in der Fläche begleitet, ist zum Beispiel die Initiative boden:ständig einschlägig, freilich neben anderen Beratungs- und Projektierungsmöglichkeiten.
Im Folgenden werden die wichtigsten Konzepte mit Bedeutung für die Kommunen, Praxisbeispiele sowie in den Verlinkungen weiteres Material für konkrete Maßnahmen in kompakter Weise zusammengestellt. So soll auch ein (erster) Check der Aufstellung einer Kommune gegenüber Flutgefahren ermöglicht und Wege für die Problemlösung aufgezeigt werden.
Flutgefahren aus Starkniederschlag im Siedlungsgebiet werden primär dadurch verringert, dass der Rückhalt des Niederschlagswassers in der Fläche erhöht wird - sowohl draußen in der Flur, als auch im Siedlungsgebiet. Dieses Konzept ist als Schwammstadt, Schwammdorf, Schwammlandschaft bekannt. Im Siedlungsbereich spricht man auch von wassersensibler Siedlungsentwicklung. Durch Umsetzung dieses Konzepts wird der Teil des Niederschlags verringert, der unmittelbar auf der Bodenoberfläche abfließt und dadurch Überflutungsschäden hervorrufen kann. Andererseits kommt die zurückgehaltene Feuchte gegebenenfalls anschließenden Trockenphasen zugute (siehe folgendes Video):
Konkrete Maßnahmen und deren Wirkung, rechtliche Grundlagen und Praxisbeispiele der wassersensiblen Siedlungsentwicklung stellt eine kompakte Publikation dar. Eine Entwicklung nach dem Schwammprinzip ist genauso wie für Städte auch für dörfliche Kommunen (Schwammdörfer) und Landschaften (Schwammlandschaft) anzustreben, um Oberflächenabfluss nach Starkregen zu reduzieren und Feuchte auch für trockene Phasen vorzuhalten. Dabei geht es zentral um einen möglichst naturnahen, vor allem auf Verdunstung und Versickerung setzenden Umgang mit dem Regenwasser.
Dem pflanzenbestandenen Boden kommt für eine Verbesserung des Niederschlagswasser-Rückhalts in der Fläche eine Schlüsselrolle zu. Wird der Boden durch geeignete Maßnahmen der Entsiegelung und Bepflanzung zugleich vor Austrocknung geschützt, so bleibt die Infiltrationsfähigkeit erhalten und trägt zur Kappung einer Abflussspitze bei, ermöglicht zudem mehr Grundwasserneubildung, und die Erosion wird reduziert.
Bei kommunalen Bauvorhaben ist daher eine bodenkundliche Baubegleitung von Bedeutung, denn dadurch kann der Bodenschutz schon ab der Planung eines Bauvorhabens sichergestellt werden. Entsprechende Expertise kann über die Verwaltungen (Stadt Bamberg und Landratsamt) vermittelt werden.
In der Siedlung erfolgt wassersensible Entwicklung beispielsweise durch Verringerung der versiegelten Fläche, wodurch eine vergrößerte Infiltration von Niederschlagswasser in den Boden und ins Grundwasser stattfindet. Sie erfolgt auch durch Aufbau diverser Zwischenspeicherungen (Gründächer, multifunktionale Mulden-Flächen, Rigolen, Zisternen, renaturierte Gewässerverläufe, Verkehrswege als potenzielle Einstauflächen), die insgesamt auch für eine zeitlich verzögerte Abgabe des Niederschlagswassers über Verdunstung und Infiltration bzw. in die Fließgewässer sorgen. So wird die Spitze einer Sturzflut gekappt.
Für die Ableitung der Gefährdungssituation bei Sturzflut kann insbesondere für städtische Kommunen die Beauftragung einer Starkregengefährdungskarte hilfreich sein, die je Starkregen-Szenario lokale Überflutungstiefen (oft auch Fließgeschwindigkeiten) im Siedlungsgebiet ausweist. Damit können kritische Objekte, Bereiche und Infrastruktureinrichtungen im Sturzflutfall identifiziert werden. In Bayern steht außerdem flächendeckend eine digitale Hinweiskarte zu bevorzugten Fließwegen, Geländesenken/potenziellen Aufstaubereichen und wassersensiblen Bereichen zur Verfügung, die aus der Geländetopographie entwickelt wurde und auf lokale Bereiche besonderer Gefährdung durch Sturzflut im Siedlungsgebiet und draußen in der Flur hinweist. Diese Information muss allerdings durch lokales Erfahrungswissen verifiziert werden
Entscheidend für die Umsetzung einer wassersensiblen Siedlungsentwicklung ist in den Kommunen unter anderem die Bauleitplanung. Dabei werden die Kommunen durch eine Arbeitshilfe des StMUV unterstützt, die einen Check der relevanten Umstände durch die Kommune ermöglicht. Kostenfreie Erstberatung ist beim Wasserwirtschaftsamt (Kronach) und weiteren Beratungseinrichtungen erhältlich.
Für die Verbesserung des Schutzes kommunaler Gebäude gegenüber den Folgen von Starkregen und Sturzflut gibt es eine Palette von baulichen Vorsorgemaßnahmen, über die der Leitfaden Starkregen - Objektschutz und bauliche Vorsorge umfassend informiert.
Von großer Bedeutung sind die Maßnahmen zur Gewässerunterhaltung und -pflege.
Im Siedlungsgebiet geht es dabei um die Beseitigung potenzieller Abflusshindernisse, draußen in der Flur sollte der Wasserrückhalt eher vergrößert werden. Eine Anleitung zum Gewässerunterhalt innerorts gibt es in einer Folienpräsentation mit zugehöriger Arbeitshilfe des LfU, entsprechend zum Gewässerunterhalt in der Flur in einer weiteren Folienpräsentation / Arbeitshilfe.
Praktische Beispiele eines verstärkten Wasserrückhalts in der Flur und verbesserten Landschafts-Wasserhaushalts:
Seitengräben bei landwirtschaftlichen Wegen können zum Sturzflutschutz für die nahegelegene Siedlung mit einer Kieskonstruktion im Untergrund als Rigolen zur Versickerung von Wassermengen in der Flur ausgelegt werden, wie bei der Wegseitengraben-Maßnahme in Deinigen (Landkreis Neumarkt i.d. Oberpflaz).
"Grüne Gräben" zur Entwässerung zwischen landwirtschaftlich genutzten Flächen können mit kleinen Stauwehren versehen und im Starkregenfall eingestaut werden. Dies kann das Niederschlagswasser zeitweise in der Landschaft zurückhalten und den Sedimenteintrag in die Fließgewässer reduzieren. Erste positive Ergebnisse liegen aus einem Pilotprojekt im Landkreis Neustadt a.d. Aisch - Bad Windsheim vor.
Hochwasserrückhaltedamm am Beispiel der Kommune Zell im Landkreis Schweinfurt.
Weitere Beispiele des Wasserrückhalts in der Fläche (Flur und Siedlungsgebiet) stellen Maßnahmen der Klimaanpassung im Landkreis Neustadt a.d. Aisch - Bad Windsheim vor.
Eine Reihe von praktischen Umsetzungsbeispielen, zugehörigen Kosten, rechtlichen Grundlagen, Vorteilen/Nachteilen, und Fördermöglichkeiten bieten die Maßnahmensteckbriefe des LfU.
Für spezielle Maßnahmen aus dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft siehe die Seite für diese Akteursgruppe.
Viele Erfahrungen für praktische Maßnahmen des verstärkten Wasserrückhalts in der Flur und auch im Blick auf die Siedlungsgebiete gibt es bei der Initiative boden:ständig, die für entsprechende Projektierungen auch ein wichtiger Partner sein kann.
Ein verstärkter Wasserrückhalt auf begrenzter Fläche, der lokal die Sturzflutgefahr vermindert, kann grundsätzlich nur wenig dazu beitragen, die Entstehung von Hochwasser an Flüssen wie Itz, Main oder Regnitz abzumildern. Denn einem solchen Hochwasser liegen meist starke und andauernde Flächenniederschläge in großen Teilen eines ausgedehnten Flusseinzugsgebiets zugrunde. Zum Schutz vor und zur Vorsorge bei Hochwasser entlang eines Flusses sind vor allem Maßnahmen des technischen Hochwasserschutzes und des baulichen Objektschutzes in Flussüberschwemmungsgebieten notwendig. Zur Einschätzung der grundsätzlichen Gefährdungssituation sollte man für den eigenen Standort die Karten der amtlichen Überschwemmungsgebiete sowie der Hochwassergefahrenflächen inklusive zugehöriger Überflutungstiefen je Abflussszenario einsehen, sowie systematisch das Hochwasserrisikomanagement angehen.
Beispiele aus einer größeren Region um Bamberg für technische Hochwasserschutzmaßnahmen an Fließgewässern sind über die Wasserwirschaftsämter zugänglich, inklusive Maßnahmenbeschreibung und jeweils beteiligte Büros/Unternehmen:
Deichnachrüstung, Flutmauer, Pumpwerke und Flutmuldenerstellung (Main und Zuflüsse) bei Hallstadt-Dörfleins
Hochwasserschutzmauern und -deiche, Schöpfwerke, Deichsiel, Kanäle und Rückhaltebecken (Regnitz) für Hirschaid-Regnitzau.
Hochwasserdeiche, -mauern, Schöpfwerk (Leitenbach) für Memmelsdorf-Drosendorf.
Gesteuerter Flutpolder (Main) Bergrheinfeld.
Maßnahmensteckbrief Konzepte für den technischen Hochwasserschutz.
Beispiele für den Objektschutz / Gebäudeschutz sind die Verlegung von gefährdeten kommunalen Nutzungen und Gebäuden sowie die Umsetzung der Bauvorsorge bzw. der Objektschutz bei bestehenden kommunalen Gebäuden. Umfassend und maßgeblich informiert über die Optionen des Objektschutzes die Hochwasserschutzfibel des Bundes.
Erfahrungen aus konkreten Flutereignissen in der Region Regnitz/Main zeigen überblickshaft illustrative Publikationen für die Einzugsgebiete Regnitz/Pegnitz und Oberer Main.
Hinweise für Kommunen, die von Flutgefahren betroffen wurden und die Verbesserung der Resilienz gegenüber Flutgefahren im Zuge der Wiederherstellung anstreben, sind mit einschlägigen Praxisbeispielen hier zu finden.
Im Rahmen des Hochwasser-Checks des StMUV für die Kommunen stellen entsprechende Webseiten im Überblick diverse kommunale Maßnahmenoptionen sowie Optionen der Stadt- und Landschaftsplanung vor, die für eine Überprüfung des eigenen Stands der kommunalen Vorsorge ebenfalls sehr sinnvoll erscheinen. Dabei wird auch ausführlich auf die Fördermöglichkeiten eingegangen.
Eine der relevanten Fördermöglichkeiten stellt das KfW-Förderprogramm "Natürlicher Klimaschutz in Kommunen" dar, bei dem es inhaltlich auch um die Förderung von Entsiegelungsmaßnahmen zur Wiederherstellung der natürlichen Bodenfunktionen geht.
Weitere Möglichkeiten der Auffindung von Fördermitteln sind:
Die Förderfibel Umweltschutz und Energie des LfU.
Die Förderprogramm- und Finanzhilfen-Suche in der Förderdatenbank des Bundeswirtschaftsministeriums.
Der Förderfinder für Bayern.
Grundsätzlich wurde hier eine weitaus größere Palette an Maßnahmen des Schutzes und der Vorsorge - auch über die verlinkten einschlägigen Publikationen - aufgeführt, als es für eine einzelne Kommune relevant erscheint. Das ist unumgänglich, da jede Kommune individuelle Verhältnisse aufweist und gegebenenfalls je eigener Maßnahmen bedarf. Daher kann keiner Kommune die Aufgabe der Selektion des jeweils Relevanten und der eigenverantwortlichen Entscheidung dafür abgenommen werden. Dabei hilft außer dem Material auf dieser Seite insbesondere der kostenfreie Hochwasser-Check, bei dem Experten des Wasserwirschaftsamts vor Ort mit der lokalen Verwaltung, der Feuerweht etc. die notwendigen Handlungsfelder ableiten.
Für die Inhalte der extern verlinkten Webseiten und Materialien ist der Klimabeirat Bamberg nicht verantwortlich.